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Wiesen-Glück: Marktgemeinde Waging blüht auf
„Kümmerer“ Oliver Kattner vom Landschaftspflegeverband informierte im Umweltausschuss
Artikel von Sandra Arsan, erschienen im Traunsteiner Tagblatt vom 04.12.2025
Waging am See. Hand aufs Herz: Wer hätte gedacht, dass unscheinbare Straßenränder, Böschungen und kleine kommunale Flächen so aufregend sein können? Beim jüngsten Umweltausschuss in Waging zeigte Oliver Kattner, der Mann vom Landschaftspflegeverband Traunstein, eindrucksvoll, wie viel Potenzial in jedem Quadratmeter Grün steckt. Mit Fachwissen und ansteckender Hemdsärmeligkeit macht er deutlich: Auch kleine Ecken der Gemeinde haben große Pläne – sie wollen summen, blühen und einfach ein bisschen mehr Natur in den Ort bringen.
Die Grundlage dafür ist geschaffen, das ökologische Pflegekonzept steht. Doch wer haucht den Plänen Leben ein, wer sorgt dafür, dass die Theorie auf den Wegrändern und Gewässerrandstreifen Wurzeln schlägt? Diese Aufgabe übernimmt seit vergangenem Dezember Oliver Kattner: bekannt als „Kümmerer“ für die sechs Gemeinden der Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel im Landkreis Traunstein.
Kattner ist der ideale Brückenbauer zwischen Plan und Pflanze. Der 41-Jährige hat Landschaftsplanung studiert, seine Expertise aber vor allem dort vertieft, wo es auf die praktische Umsetzung ankommt: im Gartenlandschaftsbau und acht Jahre lang als Biotoppfleger beim Landesbund für Vogelschutz. Er weiß aus Erfahrung, dass ein Konzept nur dann nachhaltig funktioniert, wenn es für die Menschen vor Ort auch machbar ist. Seit dem Startschuss des Projekts im März hat Kattner die digitalen Karten mit der Realität abgeglichen. Schnell wurde klar: Viele Flächen sind im Konzept zwar kategorisiert, aber wer sie tatsächlich pflegt – ob Bauhof, Landwirt oder niemand – war unklar. Kattners Strategie zeugt von viel Fingerspitzengefühl: Er schaut sich den Ist-Zustand an, spricht mit den Leuten und sucht nach Lösungen, die niemanden überfordern. Doch Kattner belasse es nicht bei der Beratung allein, ein Herzstück seiner Arbeit sei die Bildung. Er bietet Schulungen für das Bauhof-Team an, lädt Erwachsene zu Exkursionen und Vorträgen ein und begeistert schon die Jüngsten: Gemeinsam mit den Waginger „Waldwichteln“ bauten die Kinder vor wenigen Wochen aus übrig gebliebenem Schnittgut Strukturen für Amphibien.
Wie gut der partnerschaftliche Ansatz bei den Flächen funktioniert, illustrierte er am Beispiel Sandberg in Tettenhausen. Für die logistisch anspruchsvolle Fläche schlug Kattner eine differenzierte Mahd vor. Die Umsetzung gelang durch eine ideale Arbeitsteilung, die der Bauhof selbst organisierte: Die Gemeindemitarbeiter übernehmen das Mähen, ein lokaler Landwirt wurde gefunden, der dann schwadert und das Gras für seine Rinder nutzt. Das Ergebnis ist eine Win-Win-Situation: Invasive Pflanzen wie die Goldrute weichen und heimische Pflanzen kehren zurück.
Bürgermeister Matthias Baderhuber (CSU) lobte Kattners diplomatische Art, die Menschen mitzunehmen, und statt Bedenken sprudelten die Ideen. Walter Wimmer (Grüne) brachte die Flächen am „Brunnenhäusl“ der Gemeindewerke ins Spiel und monierte die häufige Mahd: Muss dort wirklich so regelmäßig gemäht werden oder gibt es keine schönere, ökologische Bewirtschaftungsform? Kattner sieht hier durchaus Spielraum, betont aber, dass dies reine Verhandlungssache sei. Aus ökologischer Sicht ist die Fläche nämlich hochinteressant: Würde man den Wiesen in gewissen Bereichen eine Pause gönnen, käme erst zum Vorschein, welch blühendes Leben dort schlummert. Sein Vorschlag: Warum hier nicht einfach die Ränder für die Optik sauber mähen und in der Mitte blühende Inseln für die Insekten stehen lassen? Das sei ein charmanter Kompromiss, der dem Auge schmeichle und der Natur helfe. Dass dies in der Praxis gut abgewogen sein wolle, merkten Bürgermeister Matthias Baderhuber (CSU) – die Wasserwerke achten sehr auf ein sauberes Erscheinungsbild – und Josef Egger jun. (FWG) an: Langes Gras bedeute beim Abfahren nämlich deutlich mehr Aufwand für den Bauhof. Einen ganz neuen Aspekt brachte schließlich Christine Rehrl (ÖDP) ein, die als Gast an der Sitzung teilnahm. Sie teilte mit Christine Schuhegger (CSU) den Wunsch, den Friedhof der aktuell von viel Kies und Grau dominiert werde, in eine lebendigere Oase zu verwandeln und stieß bei Kattner damit durchaus auf offene Ohren. Georg Huber (ÖDP) regte an, die ökologische Pflege gleich bei der Planung neuer Projekte mitzudenken. Der Ausblick auf 2026 macht Lust auf mehr: Das Jahr steht ganz im Zeichen der Vernetzung in der Landschaft. Wegeränder, Hecken und Alleen sollen strategisch verbunden werden. Ziel ist es, weitere Flächen aufzunehmen, sie zu extensivieren oder neu anzulegen – immer mit dem angenehmen Nebeneffekt, die Bauhöfe langfristig zu entlasten. Dazu setzt Kattner weiterhin auf das, was am nachhaltigsten wirkt: Wissen. Begleitet wird dieser Prozess deshalb durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung. Und so schließt sich der Kreis: Wer hätte gedacht, dass Wegeränder so aufregend sein können? Nicht nur Waging tritt hier den Beweis an – rund um den See zeigt sich, dass auch die kleinsten Ecken ganz groß rauskommen können.









