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„So eine Stadt findest Du nicht noch einmal“
Projekt „Altstadt-Renaissance“ will Vorhandenes nutzen, neue Ideen entwickeln und nach außen tragen
Für Sepp Heringer ist seine Heimatstadt ein „Gesamtkunstwerk“: Kultur, Natur und Geschäftsleben auf engstem Raum. Und auch Agnes Thanbichler weiß, was Laufen mit seiner Altstadt Besonderes habe. Aber, so die Stadträtin und Agenda-Beauftragte: „Es gibt Defizite“. Dagegen will die Agenda-21-Gruppe etwas tun, hat das Projekt „Altstadt-Renaissance“ ins Leben gerufen und zu einem ersten Abend Anwohner, Geschäftsleute und Interessierte in den Rottmayrsaal des Alten Rathauses eingeladen. Rund 40 Laufener Bürger waren der Einladung gefolgt.
„Laufen hat große Stärken“, schreiben die Initiatoren in ihrem zweiseitigen Projekt-Entwurf. Aber sie haben „das Gefühl, dass die Würde, Schönheit und Einmaligkeit der Stadt noch nicht richtig aktiviert ist“. Neuen Glanz soll dieser „ungeschliffene Edelstein“ erhalten – im Sinne einer Wiedergeburt, einer Renaissance.
Ulrich Kaubisch, einer der Initiatoren, lobte Laufens „Hardware“, die sanierte Länderbrücke, den Europasteg, die renovierten Häuser. Bloß die „Software“, das Leben in der Stadt, hinke dem hinterher. Das Vorhandene nützen und weiter ausbauen, beschrieb er die Strategie, „symbiotisch vernetzen“ und nach außen tragen.
Kaubisch listete auf, was es an Angeboten in der Stadt gebe, bis hin zu Besonderheiten wie Musikinstrumentenbauern, Kunst- und Design-Ateliers. Nicht zuletzt regionale Produkte. Allein vier Metzger, die allesamt noch selber schlachten. „So etwas findest Du nirgendwo“, verglich Kaubisch selbst mit weit größeren Städten.
Dennoch: „Die Älteren unter uns wissen, wie das Geschäftsleben hier pulsierte“, erinnerte Agnes Thanbichler an das ehemals breite Warensortiment in der Salzachschleife. „Und es gab drei große Märkte im Jahr“, ergänzte Stadtrat Hans Surrer. Ob man so etwas nicht wieder aufgreifen solle, etwa mit Tagen der offenen Türe in den Werkstätten. Johanna Aicher schlug vor, den Wochenmarkt am Samstag mit Zusatzangeboten verschiedenster Art aufzuwerten, mit Musik und Schmankerl. „Mit wenig Aufwand Wirkung erzielen“, möchte die Initiatorin des „Musikalischen Stadtspazierganges“.
„Ich bin mit dieser Einladung schon ein bisserl provoziert worden“, gestand Bürgermeister Hans Feil. Weil es sich angehört habe, als müsste ein Toter wiederbelebt werden. „Dem ist beileibe nicht so“, erklärte er. Allerdings: „Wir wären wesentlich weiter, wäre das geplante Hotel in der Alten Post nicht verhindert worden“. Das hätte einen starken Impuls gegeben, ist das Stadtoberhaupt überzeugt. Darin bestätigte ihn auch Horst Hieble, der Vorstandsvorsitzende der „Voggenberger-Familienstiftung“, die das Projekt betrieben hatte. Und nicht nur das: „Auch der gegenüberliegende Schifferwirt war Teil eines Gesamtkonzeptes mit Tiefgarage und Stellplätzen“. Wie berichtet soll die „Alte Post“ nun zu Wohnungen umgebaut werden; Hieble kann sich freilich im Erdgeschoss Geschäfte vorstellen. Dass Laufen mit seinen Pfunden wuchern könne, beschrieb Hieble unter anderem am Beispiel der Länderbrücke. Zum hundertjährigen Jubiläum dieser Jugendstilbrücke im Jahr 2003 hatte es die allererste grenzbübergreifende Briefmarke gegeben. Allein in Deutschland hatte die Marke eine Auflage von 300 Millionen Stück, die größte Zahl seit Bestehen der Bundesrepublik. Nicht wenige Besucher seien seither an die Salzach gekommen, um sich das Original anzusehen, vom dem der Brückenbauchef der ehemaligen DDR gesagt habe: „So eine Brücke gibt es nirgends“.
Horst Hieble plädierte dafür, mehr mit der Schwesterstadt Oberndorf zusammenzuarbeiten, die Reisenden in den fünf bis zehn Bussen täglich hätten gerade mal 20 Minuten Zeit für den Stille-Nacht-Bezirk. Diese Gäste wie auch die tausende in der Adventszeit sollten auch Laufens Altstadt besuchen.
Denn die habe wahrlich etwas zu bieten, schwärmte Sepp Heringer. Allein mit Bildern der Salzach-Schleife könne man weltweit punkten; Stadt und Natur böten hier einen einmaligen Erlebnisraum. Allerdings mit Schwächen: „Ich schäme mich, Gäste durch die Rottmayrstraße zu führen. Diese Magistrale als zentrale Achse der Kultur müsste herausgeputzt werden. Das ist sich die Stadt selbst schuldig.“ Noch etwas wünscht sich Heringer: „Wir sollten noch authentischer werden, etwa mit den Aufführungen von Bresgen-Werken wie eines 'Joly' oder des 'Schiffmanns von Laufen'.“
Kulturreferent Lutz Feiler lobte das kulturelle Angebot der Stadt, allerdings vermisse er bei vielen Gelegenheiten die Laufener Bürger. „Mich wurmt, dass das Angebot so wenig mitgetragen wird.“
In die gleiche Kerbe schlug Veronika Konrad, die in der Rottmayrstraße die Galerie „dieRaum“ betreibt. „Ich stehe auf Laufen“, sagte sie, „aber die Leute aus der Oberstadt identifizieren sich nicht mit der Altstadt.“
Laufen werde von außen häufig positiver wahrgenommen als von innen, wusste Bürgermeister Feil zu berichten. Das Stadtoberhaupt kündigte für die nächste Stadtratssitzung die Präsentation eines Imagefilmes an. Daneben werde es eine Broschüre und eine Mappe geben. „Der Begriff 'einzigartig“ kommt hier durchaus vor“, unterstrich Feil die Einmaligkeit der alten Schifferstadt.
Ulrich Kaubisch könnte sich einen Kalender vorstellen, der Besonderheiten und Termine bekannt und sichtbar mache. Auch Agnes Thanbichler wünscht sich Aktivitäten übers ganz Jahr, „nicht nur ein paar Highlights – und dann ist wieder Pause.“
Zwei konkrete Vorschläge kamen auch von Korbinian Adler, einem Schüler der Handelsakademie in Oberndorf. Diese Schule sei immer auf der Suche nach Projekt-Partner, denn dort würden in dreijähriger Ausbildung professionelle Werbekonzepte und Internetauftritte erarbeitet. Zudem könnten hier auch Marketingstrategien erarbeitet werden. „Junge Leute wollen auch was tun für ihre Stadt“, bekräftigte Adler, „schade, dass ich bald mit der Schule fertig bin, das würde mich reizen.“ Adlers Idee stieß auf breite Zustimmung; ebenso der Entwurf von Johanna Aicher. Sie hatte einen Schiffmann auf einer stilisierten Plätte aus edlem Nussbaumholz mitgebracht, als mögliches Logo und als Geschenk für illustre Gäste. „Eine grandiose Idee“, lobte Bürgermeister Feil, „darauf haben wir lange gewartet“. Anstatt Ministern und anderen honorigen Besuchern ständig eine Berchtesgadener Hochzeitskutsche in die Hand zu drücken, habe nun Laufen etwas ganz eigenes. „Unbedingt aufgreifen!“, bat Feil.
Sepp Heringer schlug vor, mit einer Impulsgruppe weiterzuarbeiten und europäische Fördermöglichkeiten besser zu nutzen. Aus Interreg- und Leader-Programm könnten ebenso Fördermittel fließen wie aus dem Biosphären-Reservat. Der nächste Termin steht bereits fest: Am Mittwoch, den 27. Februar 2013, um 19.30 Uhr soll es im Alten Rathaus weitergehen mit der „Altstadt-Renaissance“. „Dranbleiben an dem heißen Eisen“, empfahl Johanna Aicher zum Abschluss.
Bericht und Fotografie von Hannes Höfer