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Gemeinsames ökologisches Pflegekonzept
Ökomodellregions-Gemeinden im Landkreis gehen als gutes Beispiel voran
Artikel von Bernadette Otter, Südostbayerische Rundschau vom 15.03.2025
Fridolfing. Seit 2019 bemühen sich die Gemeinden in der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel (ÖMR) darum, ein gemeinsames Pflegekonzept für ihre kommunalen Flächen zu erstellen, um die Landschaft positiv zu verändern und die Artenvielfalt der heimischen Tier- und Pflanzenwelt zu stärken. Bis 2022 hat ein Planungsbüro in insgesamt 11 Gemeinden – 9 davon aus der ÖMR - alle kommunalen Flächen ermittelt und Kategorien wie z. B. innerörtliche Grünflächen, extensive Wiesen, Weiden und Säume, Straßen und Wegränder, Böschungen, Gewässerränder usw. zugeordnet. Wo man anfangs von etwa 1000 Flächen ausging, waren es nach der Flächenermittlung letztlich 10.000 Flächen, die je nach Kategorie unterschiedlicher Pflege bedürfen.
Für über 6.000 dieser unterschiedlichen Flächen wurden Maßnahmen und Pflegeempfehlungen erarbeitet und ein „Ökologisches Pflegekonzept“ (ÖPK) erstellt. Dieses ÖPK geht nun mit maßgeblicher Unterstützung durch den Landschaftspflegeverband Traunstein e.V. (LPV-TS) von der Theorie in die Praxis über. Wegen des enormen Umfangs sollte ein „Kümmerer“ eingestellt werden, der die Vielzahl an Maßnahmen koordiniert und begleitet. Für die sechs Traunsteiner Gemeinden der ÖMR (Waging, Tittmoning, Kirchanschöring, Taching, Petting und Fridolfing) stellte sich der LPV-TS als Fachstelle für diesen zur Verfügung.
Aufgrund des Modellcharakters des Projektes wurde vom bayrischen Umweltministerium eine 90 %ige Förderung für die Personalkosten bewilligt. Die restlichen 10 % übernimmt der Landschaftspflegeverband Traunstein, bei dem der Dipl.-Ing. Oliver Kattner seit 01.12.2024 zur Umsetzung des Projekts seine Arbeit aufgenommen hat.
Kürzlich fand nun in Fridolfing der offizielle Auftakt zur Umsetzung des Ökologischen Pflegekonzeptes statt. Die Sprecherin der Ökomodellregion, Tachings Bürgermeisterin Stefanie Lang, begrüßte die Anwesenden und dankte den beteiligten Gemeinden für ihre Geduld und den langen theoretischen Prozess bei der Erstellung des Konzeptes. Sie betonte die Freude, nun gemeinsam mit den Bauhöfen und dem „Kümmerer“ Ing. Oliver Kattner die praktische Umsetzung in Angriff zu nehmen. Außerdem dankte sie der Gemeinde Kirchanschöring für die Bereitschaft, als antragstellende Gemeinde bei der vorausgegangenen Erstellung des ÖPK (Ökologisches Pflegekonzept) fungiert zu haben und betonte, dass eine enorm wichtige Voraussetzung für die Finanzierung der Konzeptentwicklung die enge Zusammenarbeit zwischen der Ökomodellregion als Projektumsetzer, dem Förderprogramm LEADER und dem Bayerischen Naturschutzfonds als Geldgeber und dem Digitalen Alpendorf für die Teilflächendigitalisierung des Konzeptes war. Mit einer geplanten Integration in ein GIS-System, wozu noch einige digitale Schnittstellen geschaffen werden müssen, können von den Bauhöfen künftig für jede Fläche die entsprechende Kategorie sowie spezifische Pflegemaßnahmen digital abgerufen werden.
Dipl.-Ing. Oliver Kattner kennt die Maßnahmen zu Naturschutz und Landschaftspflege nicht nur aus seinem Studium der Landschaftsplanung, sondern auch durch langjährige praktische Erfahrungen in der Biotoppflege. Er erläuterte, dass ökologische Pflegemaßnahmen häufig einen geringen Aufwand erfordern – zum Beispiel nur zweimaliges Mähen pro Jahr, wobei die erste Mahd oft erst spät im Juni oder Juli erfolgt. Das Mähgut bleibt vor dem Abräumen einige Tage liegen, um den Pflanzen ein Absamen zu ermöglichen. Ziel ist es, das Mähgut durch Absamen und Mähgutübertragung zu einer wertvollen Ressource für die Flächenaufwertung zu machen. Hr. Kattner habe in den ersten Monaten bereits viele Kontakte unter anderem zu Bauhöfen, Bauverwaltungen und den Bürgermeistern geknüpft und freue sich nun auf die gemeinsame Umsetzung.
Jürgen Sandner, Geschäftsführer des LPV, erläuterte, dass der Verband seit seiner Gründung im Jahr 2002 eine Brückenbauer-Rolle zwischen Mensch und Natur einnimmt. Besonders betonte er die paritätische Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Kommunen und Naturschutz bei den LPVs.
Die Bürgermeister der beteiligten Gemeinden gingen in ihren Statements auf die bisherigen Erfahrungen und die in Kürze geplanten ersten Projekte ein.
- Kirchanschöring (Bürgermeister H.J. Birner) hob hervor, dass die seit langem als Plan bestehende Biotop-Vernetzung nun sinnvoll mit dem Pflegekonzept verbunden werden kann. Sein Bauhof sei besonders dankbar, einen Ansprechpartner für die Umsetzung zu haben, da häufig witterungsbedingte Änderungen in den Pflegezeiten notwendig sind und abgestimmt werden müssen.
- Fridolfing (Bürgermeister Schild) berichtete, dass in der Gemeinde bereits artenreiche Blühwiesen angelegt wurden, die nun durch das Pflegekonzept ergänzt werden. Als positives Beispiel nannte er auch den Pietlinger Bolzplatz. Dort habe Bauhofleiter Tobias Maier allein durch die Reduzierung der Mähintervalle und die Umstellung auf einen Balkenmäher erreicht, dass die Wiese vielfältig blüht. Um auch den Bürgern eine insektenfreundliche Mahd in ihren Gärten zu ermöglichen, wird dieser Mäher auch verliehen.
- Petting (Bürgermeister Lanzinger) sieht große Umsetzungspotentiale in den Ausgleichsflächen, den Grundstücken an der Götzinger Ache und am See. Der Schwerpunkt läge in Petting auf Streuobstwiesen, Obstbaumstreifen und sog. „Trittsteinbiotopen“ (wilden Ecken).
- Waging (Bürgermeister Baderhuber) betonte die Wichtigkeit der engen Zusammenarbeit der Bauhöfe untereinander. Durch transparente Kommunikation könne eine hohe Akzeptanz bei Bauhofmitarbeitern und Öffentlichkeit erzielt werden. Als eines seiner ersten Projekte nannte er das Regenrückhaltebecken am Höllbach, das zum Lebensraum für Amphibien und Insekten werden soll.
- Tittmoning (Bürgermeister Bratzdrum) wies auf die Bedeutung des Artenschutzes hin, insbesondere im Hinblick auf den Storch, der durch die Maßnahmen des Pflegekonzeptes zusätzliche Nahrungsquellen in der Region finden wird. Ihm liege die Entsiegelung von Flächen am Herzen, wie zum Beispiel im Klostergarten der Stadt, der künftig als naturnahe Fläche auch für den Schulgarten genutzt werden soll.
- Taching (Bürgermeisterin Lang) Stefanie Lang schloss sich den Worten ihrer Vorredner an und erklärte, dass derzeit nur rund 30 % der Ausgleichsflächen in Bayern naturnah gepflegt werden – eine Zahl, die sich durch das ökologische Pflegekonzept künftig ändern soll. In Taching werde schon vieles umgesetzt. Als eine der nächsten Maßnahmen sollen am Kirchberg heuer drei Linden gepflanzt werden.
Marlene Berger-Stöckl, als Managerin und Motor der Ökomodellregion, freute sich: „Wir nehmen die Leute aus der Praxis mit, denn ohne Zusammenarbeit der Bauämter, der Landwirte und der Bauhöfe geht es nicht. Wenn alle mitmachen, können wir viel erreichen.“ Am Ende der Veranstaltung waren sich alle Beteiligten einig: Das Ökologische Pflegekonzept der Kommunen setzt nicht nur auf die Erhaltung und Förderung der Biodiversität, sondern wird auch als Vorbild für andere Regionen dienen.