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Gärtnern am besten ohne Torf
Durch den Kauf von torfhaltiger Erde werden wertvolle und schützenswerte Moore zerstört
Waging am See. „Vielen Hobbygärtnern ist nicht bewusst, dass sie mit dem Kauf von torfhaltiger Erde zur Zerstörung wertvoller und schützenswerter Moore beitragen“: Diese Mahnung richtet Beate Rutkowski zu Beginn der Pflanzsaison an alle umweltbewussten Gartenbesitzer. Die Vorsitzende der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Traunstein ist auch in der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel engagiert; dort ist sie Sprecherin der Arbeitsgruppe Artenschutz und Streuobst.
Das Angebot an Blumenerden ist riesengroß, aber die meisten Erden enthalten immer noch Torf aus schützenswerten Hochmooren, meist aus Finnland, dem Baltikum oder Weiß-Russland, aber auch aus Deutschland, wie Rutkowski informiert. Torf trage zwar durch seine grobfaserige Struktur zur Bodenbelüftung bei und könne das Vier- bis Zehnfache seines Gewichts an Wasser speichern. Diesen positiven Eigenschaften stünden aber auch viele negative Aspekte gegenüber.
Denn durch den großflächigen Frästorfabbau würden heute noch intakte Hochmoore irreversibel zerstört. Seltene Tier- und Pflanzenarten verlieren ihren Lebensraum. Aus diesem Grund sollte man, so Rutkowskis dringende Mahnung, auf Torf im Garten gänzlich verzichten. Allein in Deutschland würden alljährlich rund zehn Millionen Kubikmeter Torf verbraucht, etwa 2,5 Millionen Kubikmeter davon werden in Säcken an Freizeitgärtner verkauft.
Vor allem die torfreichen Hochmoore leisteten durch die Einlagerung von pflanzlichem Material - also Kohlenstoff - einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Nur drei Prozent der Erdoberfläche seien von Mooren bedeckt, aber dort lagerten 30 Prozent der weltweiten Boden-Kohlenstoffvorräte. Bei einer Verwendung des Torfs beispielsweise in Blumenerde werden die Kohlenstoffe bei der Verrottung in Form von Kohlendioxid wieder freigesetzt. Nach Angaben des BUND und von EURONATUR würden allein in deutschen Mooren jährlich durch Trockenlegung und Abbau 42 Millionen Tonnen an Kohlendioxid freigesetzt. Zudem setze ein beschädigtes Moor große Mengen an Lachgas frei, das über 300 Mal klimaschädlicher sei als Kohlendioxid.
Nach Rutkowskis Meinung wäre es sehr wichtig, dass sich Staat, Kommunen, Bürger, Vereine und Landwirte vor Ort für die Renaturierung wertvoller Hochmoore einsetzen, so wie es aktuell im Vorhaben zur Renaturierung des Waginger Weitmooses angedacht sei. Dazu im Widerspruch stehe aber, wenn gleichzeitig in Osteuropa ein Vielfaches der Moorflächen zur Torferzeugung für den hiesigen Gartenbau zerstört werde. Zudem sei der Einsatz von Torf auch für die Bodenlebewesen und die Pflanzen nicht immer von Vorteil: Torfpflanzen machten nicht nur das Moor sauer, sondern auch die Gartenerde. Dadurch können gebundene Schwermetalle freigesetzt werden, die dann von den Pflanzen aufgenommen werden. Dies sei besonders in Gemüse- und Kräuterbeeten von Nachteil. Torf enthalte kaum Nährstoffe und trage wenig zum Pflanzenwachstum bei. Darum würden viele käufliche Torfsubstrate mit Kunstdüngern versetzt.
Beate Rutkowski rät zu Alternativen: Davon gebe es viele. In Gartencentern und Blumenläden würden inzwischen torffreie Erdsubstrate mit Kokosfasern und Rindenhumus angeboten, ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe gebe Sicherheit. Rindenkompost könne wegen seines erhöhten Säuregehalts anstelle von Torf für Rhododendren- und Erikabeete verwendet werden. Im Garten könne man Erde auch selbst mischen aus Gartenerde, reifer Komposterde, Laubkompost, Holz- oder Kokosfasern, Lehm und etwas Sand. In Eine-Welt-Läden gebe es zum Beispiel gepresste Kokosfasern aus fairem Handel zu kaufen; damit werden Kleinbauern in Ländern des Südens unterstützt. Kokosfasern trocknen etwa genauso schnell aus wie Torf, sie nehmen aber bis zu 30 Prozent mehr Feuchtigkeit auf. Die Kokos-Ziegel werden in einem Verhältnis von 1:9 bis 1:10 in Wasser aufgelöst und dann mit den übrigen Zutaten gut vermischt. So könne jeder Einzelne schon beim Erde-Kauf einen Beitrag zum Erhalt wertvoller Moore mit einzigartigen Tier- und Pflanzenarten und zum Klimaschutz leisten.
Quelle: Hans Eder, Traunsteiner Tagblatt vom 07.04.2017